Wahre Schönheit

Es war einst eine schöne Stadt,
dort lebten Menschen, groß und klein.
Sie hatten alle Essen satt
Und auch ihr Zwirn war fein.

Des einen Tages kam ein Mann,
er wusste nicht so recht, wohin.
Fragte, ob man ihm helfen kann,
er war verlaufen, denn er war blind.

All die Leute gingen vorüber,
es war, als existiert’ er nicht.
Um sich selbst kümmerten sie sich lieber
und ließen ihn achtlos im Stich.

Nach Stunden traf einer eine Maid,
die Haare kraus, die Finger wund.
Kam von der Arbeit auf dem Feld,
doch war ihr liebend Herz gesund.

Sie fragte ihn: „Was kann ich tun?“
Und führt ihn in sein Heim.
Dann gab er ihr gerechten Lohn,
doch sie steckt ihn nicht ein.

Am nächsten Tag, am Morgen gleich,
kam wieder dieser Mann,
Doch sah man nun, er war sehr reich,
er hatte edle Kleidung an.

Nun ging er hin zum großen Platz,
wo jeder Mensch ihn hören kann.
Und rief sehr laut den einen Satz:
„Ich suche die schönste Frau im Land!“

Gleich stürmten alle Frau’n herbei,
von nah und auch von fern.
Auf dass er bald ihr Gatte sei,
denn reich, das wär’n sie alle gern.

Doch war er blind, drum fragte man:
„Wie will er das entscheiden?“ -
„Auf’s Augenlicht kommt es nicht an,
das werde ich euch zeigen!“

Er hört sich um, erkennt genau,
die eine dieser Stimmen.
Die Maid vom Feld nimmt er zur Frau,
denn wahre Schönheit kommt von Innen!